Kirmes
Was ist Kirmes?
Am Anfang muss man erst mal erklären was eigentlich Kirmes bedeutet…
Das Wort „Kirmes“ kommt von dem mittelhochdeutschen „Kirmesse“ oder auch „Kirchmesse“ und ist der Name eines Volksfestes, dass auch Kirchweihfest genannt wird. So wurde die Kirchweih als rein religiöses Fest gefeiert wenn eine neue Kirche eingeweiht wurde. Erst am dem 9ten Jahundert wurde der Kirchweihtag als Volksfest gefeiert.
Seinen Ursprung hat das Volksfest in der alt germanischen/heidnischen Kultur und war ein Fruchtbarkeitsfest und / oder ein Erntedankfest. Der Baum versinnbildet „den alten Lebensbaum“. Noch lange nach Annahme des Christentums pilgerte das Volk zu den heiligen Bäumen im Hain. (Vgl. die Donar-Eiche und die ewige grüne Weltesche, auch Odinsbaum genannt, die nach der nordischen Mythologie die ganze Welt überschattete und von ihren drei Wurzeln je eine zu den Menschen, zu den Riesen und in die Unterwelt senkte) Der Wipfel des Kirmesbaumes war einst mit Eßbarem behangen, die an die Speiseopfer erinnerten, welche man zu den heiligen Bäumen brachte. Wer von den am Lebensbaum hängenden Äpfeln aß, wurde – nach dem Glauben unserer Vorfahren – wieder jung. Auch Gefäße mit Wasser wurden am Wipfel angebracht als Sinnbild des Fruchtbarkeit spendenden Regens. Unsere Vorfahren verehrten den hl. Baum durch Umschreiten und Umreiten, daher heute noch der Tanz um den Kirmesbaum. Auch Spruch und Trunk unter dem Baum sind Überbleibsel alten Kultes. Und so wird das jahunderte oder sogar jahrtausende alte Denken und Danken in die heutige Zeit getragen. Nur wurde dieses, wie so vieles, von der Kirche übernommen und mit einem anderen Sinn versehen.
So haben auch die verschiedenen Bundesländer ihren eigenen Namen für dieses wohl grösste Ereignis was in den Dörfern stattfindet. Bei uns heisst es einfach nur „Kerb“ oder auch „Kermes“. Und so heisst es dann auch jedes Jahr bei uns „Wem ist die Kermes? Uss!“
Die Kirmes in Eschhofen beginnt am Wochenende nach dem 9. August. Wenn der 9. August jedoch ein Samsatg oder ein Sonntag ist, beginnt die Kirmes schon an diesem Wochenende.
Die Vorbereitungen der Kirmes beginnen schon früh. Der Jahrgang trifft sich schon Jahre vorher um Geld zu sparen, alte Lieder zu lernen, neue Lieder zu dichten, Abläufe zu planen, Aufgaben zu verteilen und vieles, vieles mehr so dass die Kirmes reibungslos ablaufen kann. Zu unserer Kirmes gehört auch der Kirmesbaum der meistens eine Woche vorher geholt wird. Der Baum wird nach alter Tradition in der Bogg (Die Burg, weitere Erklärung unter Dorf/Geschichte/Sehenswürdigkeiten ) gestellt. Nur ist die Bogg sehr eng und so kann man den Baum, der zwischen 15m und 18m lang ist, nicht bis in die alte Anlage fahren, sondern muss ihn ca. 70 – 100 Meter einige Stufen nach unten tragen. Bei dieser Arbeit wird man aber von den nachfolgenden Jahrgängen unterstützt. In dieser einen Woche vor der Kirmes wird der Baum geschält und der Kranz gewickelt und geschmückt. Das Wochenende vor der Kirmes werden kleinere Bäume mit feierlichem Gesang und lauten Kirmensschreien ins Dorf getragen und an markanten Plätzen und Häusern aufgestellt. Zu diesen gehört der Kirmesplatz, der Ortsvorsteher, die Kneipen und einige andere. In dieser letzten Woche vor der Kirmes beginnt auch die Baumwache. Das ist die Aufgabe der Vizekirmesburschen, der Jahrgang der am Kirmesmontag die Kirmes übernehmen soll und somit der nachfolgende Jahrgang ist. In dieser Zeit wird immer wieder versucht den Kirmeskranz zu klauen oder den Baum zu bemalen, anzusägen oder die Baumstützen zu klauen etc… Freitags findet eine Kirmesdisco fuer Jung und Alt statt. Samstags ziehen die Kirmesburschen durch das Dorf und holen ihre Mädels ab um zum Schluss den Kirmesbaum in der Burg (Bogg) zu stellen. Nach dem Baumstellen hört man noch einige Worte von dem Ortsvorsteher, Pfarrer und dem Kirmesburschenvorstand. Sonntags ist ein Kirmesumzug aller ehemaligen Kirmesburschen von der Kirche bis in die Bogg. Montags trifft sich jung und alt und ganz besonders die älteren Jahrgänge um die Kirmes zu feiern. Wo Freitags und Samstags noch die Kirmes mit den Einwohnern der umliegenden Dörfern gefeiert wird, kommen am Montag mehr Eschhöfer und somit ein Großteil „Einheimischer“ zusammen. Am Montagabend ist die Hammelverlosung sowie die Übergabe der Kirmes an den nächsten Jahrgang. Danach wird noch bis in den nächsten Morgen gefeiert und somit endet dann auch die Kirmes in Eschhofen. Zum Schluss sollte man noch sagen, das ein jeder der Kirmesbursch war, ist, oder sein wird, sehr stolz darauf sein kann, das es noch solch eine Tradition gibt und auch gelebt und gefeiert wird.
Kirmesgeschichten
Wie wurde damals Kirmes gefeiert? Wie wurde damals der Brauch gelebt? Baumstellen, Kirmeshüte binden, Kranz binden…
So wie jedes Dorf im Kreis Limburg-Weilburg (das noch Kirmes feiert) wurde auch in Eschhofen immer wieder der Kirmesbaum bemalt, durchgesägt, angesägt und noch vieles mehr…
Aber nicht nur Schindluder wurde getrieben… Auch wurde alles daran getan das das Fest gefeiert werden konnte. Das Geld war knapp und es mussten Getränke etc… besorgt werden. Und darüber gibt es ebenso viele Geschichten.
Hier möchte ich versuchen solche wahren Geschichten zu sammeln.
Geschichte von 1905: (Auszug aus der Kirmeszeitschrift von 1958)
Erinnerungen des ältesten noch am lebenden Kirmesburschen von Eschhofen:
Wir waren zu neunt, die sich zusammengetan hatten, um die Kirmes 1905 zu feiern. Wochen vorher machten wir uns auf die Suche nach Kirmesmädchen. Bei jeder Auserwählten wurde dann ein Faß Bier angerollt. Und immer gab es eine lange Nacht, denn das Erzeugnis aus Hopfen und Malz musste ja bis zum Rest getrunken werden.
Am Samstag vor Kirmes fällten wir dann im Wald eine hohe, schlanke Tanne, die wir Abend vor dem Bürgermeisteramt aufstellten. Anschließend spielte die Tanzkapelle den ganzen Abend nur für uns in unserem Stammlokal, der Gastwirtschaft Ries, in der damaligen Kirchgasse.
Am Sonntag folgte der gemeinsame Kirchgang, Besuch beim Herrn Pfarrer Hagemann und Herrn Bürgermeister Bellinger, sowie der große Umzug durchs Dorf.
Montags zogen wir mit Musik durch die Gemeinde und vor jedem Haus wurde Halt gemacht. Hier tanzte man mit allen Frauen – von der Oma angefangen bis zu deren Enkelchen – Dabei erhielten wir immer ein paar Pfennige.
Des Dienstags ging es dann zum Dietkircher Markt, denn unsere Kirmes fiel damals noch in den Herbst. Hier kauften wir unsere Mädchen etwas und tanzten bis spät in die Nacht.
Interessieren wird auch noch was die Kirmes damals gekostet hat.
Jeder von uns gab damals ca. 30 – 40 Goldmark aus. Das war eine Menge Geld und wir mussten durchschnittlich 2 Wochen dafür arbeiten. Der Schnaps, wir kauften 70 Liter, kostete zusammen 56 Goldmark. Für den halben Liter Bier zahlte man 1 Groschen.
Geschichte von ca. 1928: (Auszug aus der Kirmeszeitschrift von 1958)
Kauf des Kirmeshammels… Mit Musik und zwei Pferdegespannen fuhren wir an einem Sonntagmittag den Hammel holen. Nun, auch damals gab es Bier und der Konsum war vor, während und nach der Fahrt nicht gering. Leider konnten wir aber bei der Heimfahrt dem gekauften Hammel unsere Freude nicht übermitteln, mit anderen Worten: ihn reitzte ein saftiger Kleeacker mehr als unsere durch Musik und Bier geschwängerte Luft. Er riß aus.
Nach zweistündiger, mit List durchgeführter Verfolgung, gelang es uns 20 Akteuren, den Ausreißer wieder einzufangen. Wieviel zerrissene Hosen und Grasflecken es in den Kleidern gab, ganz zu schweigen von sonstigen Reinfällen, wagt der Erzähler nicht zu nennen.
Eines sei am Schluss erwähnt: Musikkapelle, Kutscher, Pferde, und der geplagte Hammel waren froh, in Eschhofen zu sein. Trotz allem glaube ich noch heute, dass jeder der Beteiligten an diesem schönen Sommertag seine Freude hatte, ausser dem Hammel, der uns seine ehrenvolle Berufung so schlecht gedankt hatte.
Geschichte von 1948: (Auszug aus der Kirmeszeitschrift von 1958)
So geschehen, wenige Wochen nach der Währungsreform.
Wir zwölf gehörten nicht zu den schlechtesten Trinkern. Woher aber sollten wir den Kirmeswein nehmen? Zwei erklärten sich schnell bereit diese Sache zu übernehmen. Ziel war das damals französische Rheinland, wozu man allerdings einen Paß brauchte. In der Eile mussten zwei gefälschte herhalten. Nach Nackenheim kam man ohne Schwierigkeiten, aber auf dem Heimweg war mitten auf der Rheinbrücke Mainz-Wiesbaden Endstation für unsere beiden Grenzgänger. Während der eine nun mit viel „vui, vui“ dem Franzosen seinen falschen Paß â€žerklärte“, gelang es dem anderen noch, die beiden vollen Korbflaschen bei einem deutschen Grenzer in Sicherheit zu bringen; aber dann ereilte auch ihn das Schicksal. Zu 30 Tagen Haft, ersatzweise 600.- DM Geldbuße, wurde man verdonnert. Unsere beiden zogen es vor, beraubt aller wertvollen Gegenstände – wozu man damals auch die Schuhriemen zählte – erst einmal das Gefängnis aufzusuchen.
Nach 2 Tagen hatte man dann auch in Eschhofen gemerkt, daß irgendwo etwas faul war. Nach wiederholten Anfragen bei der Polizei ermittelte man den Stand- bzw. Liegeort der Strafgefangenen. Da am folgenden Sonntag Kirmes sein sollte, blieb nichts anderes übrig, als alles vorhandene, damals so wenige, Geld zu sammeln und nach drei Tagen mit 540 Mark die Kameraden loszukaufen. Gegen einige schnell abgefüllte Flaschen Wein bekam man auch die beiden Korbflaschen wieder. Mit viel HALLO ging es in die Heimat.
Dort war aber mittlerweile die Maul- und Klauenseuche ausgebrochen, und die Kirmes wurde um 6 Wochen verschoben.
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